Oskar Panizza (1853-1921)
Panizzas Vater war ein überzeugter Katholik, der es vom Kellner zum Besitzer
mehrerer Hotels gebracht hatte; seine Mutter, einer Hugenottenfamilie
entstammend, verfaßte protestantische Erbauungs- und Eifererschriften und setzte
nach dem frühen Tod des Vaters (1855) ihren bigotten Pietismus zielstrebig
durch.
Panizza besuchte die Gymnasien in Schweinfurt und München mit geringem Erfolg;
erst nach Kaufmannslehre und Militärdienst machte er im Alter von 24 Jahren das
Abitur. Anschließend studierte er Medizin, promovierte 1880 summa cum laude und
wurde 1881 Assistenzarzt. Während eines beruflichen Aufenthaltes in Paris
erweiterte er seine Kenntnisse der französischen Literatur und des Theaters.
1882 trat er die Stelle eines vierten Assistenzarztes an der Oberbayrischen
Kreis-Irrenanstalt in München an, kündigte aber schon 1884 wieder, um seinen
literarischen Neigungen zu leben. Die Schriftstellerei benutzte er als Therapie
gegen seine psychische Labilität. Innerhalb der Münchner Boheme pflegte er vor
allem Kontakte zu Michael Georg Conrad. Seit etwa 1890 widmete er sich verstärkt
der Prosa und der polemisch zugespitzten kleinen Form. Seine Provokationen von
Kirche und Staat erreichten mit der »Himmels-Tragödie« Das Liebeskonzil ihren
Höhepunkt, das Stück wurde verboten, Panizza erhielt 1895 eine Gefängnisstrafe
von einem Jahr. Nach Verbüßung der Strafe zog er 1896 nach Zürich und gründete
dort einen eigenen Verlag zur Veröffentlichung seiner »Zürcher Diskußionen«,
bissigen und hämischen Abrechnungen mit Staat, Kirche und Monarchie. 1898 wurde
er als unerwünschter Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen, er zog wieder nach
Paris und veröffentlichte Parisjana. Deutsche Verse aus Paris. Die Schrift
enthielt eine fundamentale Abrechnung mit dem deutschen Obrigkeitsstaat und
persönliche Schmähungen Kaiser Wilhelm II., sie wurde konfisziert und sein
Vermögen beschlagnahmt, so daß er 1901 nach Deutschland zurückkehren und sich
der Justiz stellen mußte. Nach einem kurzen Gefängnisaufenthalt wurde er zur
Beobachtung in die Psychiatrie eingeliefert, es wurde eine chronische Paranoia
diagnostiziert, wodurch er wegen Unzurechnungsfähigkeit zwar keine Strafe
erhielt, aber 1905 entmündigt wurde, nachdem er über Paris und Lausanne wieder
in München gelandet war. Seit 1905 war er in psychiatrischen Anstalten in
Bayreuth untergebracht.
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